Unconscious Bias – Unbewusste Vorurteile und ihr Einfluss auf uns
Frauen können nicht Autofahren, Männer nicht die Waschmaschine bedienen! Sie sind wirklich überall: unbewusste Vorurteile oder Unconscious Bias (Eng. Für Neigung, Befangenheit, Vorurteil).
Kürzlich hatte ich einen Workshop zum Thema.
Die anwesenden Führungskräfte waren aufgeschlossen und auch divers, dennoch war die Unsicherheit spürbar, womit ich sie denn konfrontieren würde.
Hier können Sie den Artikel als Video anschauen:
Vorurteile? Ich doch nicht!
Ich erzählte erst einmal Anekdoten meiner eigenen, unbewussten Vorurteile.
Da war meine Zeit in London und meine Verblüffung als sich herausstellte, dass mein neuer Chef ein Schwarzer ist. Damit hatten meine Vorurteile nicht gerechnet.
Oder der Kollege, den ich fragte, ob er verheiratet sei. Er bejahte und auf meine Frage, wie lange er denn schon mit seiner Frau zusammen sei, zeigte er mir wortlos ein Bild von sich und seinem Ehemann.
Es ist schwer, so mit seinen eigenen Vorurteilen konfrontiert zu werden, vor allem da ich mich für aufgeklärt, modern und unvoreingenommen halte.
Die Stimmung im Raum hellte sich auf, offenbar ist auch der Seminarleiter nur ein Mensch!
Was wissen wir über Vorurteile
Fakt ist:
- Vorurteile sind alt, denn sie basieren auf Dingen die uns vertraut und schon (oft) passiert sind und sich schon unzählige Male als vermeintlich wahr herausgestellt haben
- Vorurteile gibt es schon so lange wie es uns Menschen gibt. Wenn unerwartete Dinge passieren, wird ein Reflex ausgelöst und wir reagieren nur noch. Die berühmte „Kampf-oder-Flucht“ Reaktion
- Wir versuchen pausenlos, die Welt zu verstehen und treffen Annahmen, basierend auf unseren Erfahrungen und Werten – und die sind vorurteilsbeladen
- Unbewusste Vorurteile sind Teil unserer Sozialisierung von Kindesbeinen an und sind „normaler“ Teil dessen wie wir die Welt sehen. Gerade das macht sie so tückisch
Am Ende des Workshops, nachdenkliche Gesichter. Bin ich wirklich so aufgeschlossen, wie ich dachte gegenüber Menschen bei der Arbeit, ohne das Herkunft, Religion, Geschlecht, Erscheinungsbild eine Rolle spielen?
Ein kleines Gedankenspiel
Stellen Sie sich folgendes vor: Sie steigen in ein Flugzeug, der Flugkapitän begrüßt sie vor dem Cockpit herzlich. Sie landen und gehen zu einer Hochzeit. Die Zeremonie ist wunderschön und liebevoll inszeniert und die Party danach feuchtfröhlich. Beim Abendessen haben Sie eine interessante Unterhaltung mit einer Person, welche kürzlich eine erfolgreiche IT Firma gegründet hat.
Nun seien Sie ehrlich, sah das Bild des Flugkapitäns in ihrem Kopf so aus?
Sah das Ehepaar, dessen Hochzeit sie beiwohnten, so aus?
Sah die Person, welche die erfolgreiche IT Firma gegründet hat so aus?
„I’m not biased; I’m just a big fan of my own ideas.“ – Unknown
Es gibt unzählige Formen von Vorurteilen und Untersuchungen zeigen, dass diese nicht nur in der Arbeitswelt eine riesige Rolle spielen, z.B.
- Gender Bias – Vorurteile aufgrund das Geschlechts einer Person
- Ageism Bias – Vorurteile aufgrund des Alters einer Person (zu jung und unerfahren, zu alt und nicht mehr leistungsfähig oder flexibel)
- Beauty Bias – attraktive Menschen werden bevorzugt bei Projekten, Bezahlung, Beförderung
- Confirmation Bias – Informationen werden so ausgewählt und interpretiert, dass sie die eigene Meinung unterstützen
- Conformity Bias – wenn wir unsere Meinung der Mehrheitsmeinung anpassen
- Similarity Bias -Wir präferieren Menschen, die so sind wie wir. Dabei kann es um Alter gehen, Geschlecht, Herkunft oder Auftreten
- LGBTQ+ Bias – Vorurteile gegenüber Menschen, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung
Die Liste lässt sich fortsetzen und im Workshop waren wir uns einig: die Vorurteile sind da und es ist nicht möglich, sie von heute auf Morgen auszuschalten.
Wie können wir unseren Vorurteilen begegnen?
Was wir tun können, ist, sie uns bewusst machen, zu akzeptieren und offen damit umgehen, denn sie haben große und unmittelbare Auswirkungen:
- Darauf wie Entscheidungen im Unternehmen getroffen werden,
- Auf die Mitarbeitenden im Unternehmen
- Und damit auf den Erfolg des Unternehmens.
Grund genug für Führungskräfte, sich offen mit dem Thema auseinander zu setzen.
„None of us is immune to unconscious bias. It affects our judgments, our decisions, and our actions. But we can overcome it by acknowledging it and working to counteract it.“ Sheryl Sandberg
Beide Ansätze sind aus meiner Sicht wichtig. Auf meinen Reisen treffe ich überwiegend Menschen, die nicht selbstbestimmt arbeiten, die die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit oft nicht erkennen können, deren Führungskräfte nicht loslassen, nicht ermächtigen, nicht Sinn stiften und die Bedeutung des Lebens außerhalb der Arbeit nicht wirklich anerkennen (TN im Workshop krank, krankes Kind, trotzdem entschuldigt) und von der komplexität von Führung in der Arbeitswelt 4.0 schlicht überfordert sind.
Die Ansätze sind da und das seit langem. Fakt ist wir haben nichts Grundlegendes verändert denn unser Gesamtes Wirtschaftssystem ist auf beständigem Wachstum aufgebaut (Banken, Lebensversicherungen, die Rentenversicherung, etc.) und unser Selbstverständnis beruht auf der Bedeutung der Arbeit, dem Konsum, welchen sie uns ermöglicht und den Status Symbolen, die wir uns durch unsere Arbeit leisten können.
1. Mit welchen Menschen umgebe ich mich? Mit Menschen, die meinem Bild entsprechen und die Dinge so sehen wie ich, oder mit Menschen, welche die Welt anders sehen, andere Werte und andere Wahrnehmungen haben?
2. Vertrete ich meine Meinung auch gegen Widerstände, oder neige ich dazu, die Mehrheitsmeinung als richtig zu akzeptieren?
3. Versuche ich oft, Informationen und Fakten zu diskreditieren, wenn sie meine Meinung NICHT unterstützen?
4. Habe ich mich schon einmal dabei ertappt, dass ich Menschen Kompetenzen abgesprochen habe, weil ich sie für zu jung oder zu alt hielt?
5. Habe ich schon einmal Menschen abgesprochen, bei bestimmten Themen Ihre Meinung zu vertreten, aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung?
6. Hören Sie lieber attraktiven Menschen zu, als weniger attraktiven?
7. Vorurteile sind schwer zu erkennen, denn sie leben im alltäglichen. Beim Sport, bei Freunden oder in der Familie. Sie zu erkennen ist der erste, wichtige Schritt.
Hier sind drei Vorschläge, wie wir mit dem Thema umgehen können:
1. Normalisieren – eine Frau als Bundeskanzlerin oder ein farbiger als Präsident der vereinigten Staaten, ist für viele Menschen normal. Sie kennen es nicht anders
2. Prüfen – fragen Sie sich selbst
- Wie reagiere ich auf Menschen die anders sind als ich?
- Zeigen sich meine Intentionen in meinen Worten und Handlungen?
- Zeige ich Empathie und Mitgefühl, selbst wenn ich Zusammenhänge und Sichtweisen nicht teile?
- Würden andere mich als Person bezeichnen, die inklusiv denkt und handelt?
- Welche Werte und Glaubenssätze habe ich? Bin ich mir dieser bewusst?
3. Visualisieren – Was ist, wenn ich mir positive Ergebnisse vorstelle und unvoreingenommen in Situationen hineingehe?
Denn auch das ist Teil von Führung und Selbstführung – die Fähigkeit uns selbst zu hinterfragen und immer nach Möglichkeiten zu suchen, uns selbst zu entwickeln und zu verbessern.
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Bildnachweis: Fotos von CANVA, Statistiken von Statista
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