Die Sache mit der Resilienz – Wichtiges Thema oder Modeerscheinung?
Resilienz und Achtsamkeit drohen zu Modererscheinungen zu verkommen.
„Burnout, früher hatten die Leute doch auch keinen Burnout“, „wer Erfolg haben will, muss dafür hart arbeiten und nicht herumheulen“, „bei uns in der Abteilung ist das kein Problem, meine Leute achten auf sich. Es geht eher darum das bei anderen zu erkennen und dann zu helfen!“. „demnächst tanzen wir alle im Gewand durchs Büro oder was? Wer macht dann die Arbeit?“, „hier wird doch nur überdiagnostiziert. Es gibt Medikamente, also wird jetzt ein Markt dafür geschaffen, alles nur Kapitalismus“, „ach Du feierst Übersunden ab? Gehst dann in Elternzeit? Aha…“.
Diese und andere Kommentare höre ich regelmäßig in meinen Workshops wenn Begriffe wie Resilienz, WorkLife Balance oder gar Achtsamkeit fallen. Die Liste lässt sich schier endlos fortführen und zeigt, wie sehr das Thema verkannt wird. Wir brauchen ein neues Bewusstsein.
Hier können Sie den Artikel als Video anschauen
Warum ist Resilienz überhaupt ein Thema?
Lasst uns ehrlich sein: es kommt nicht oft vor, dass Menschen am Arbeitsplatz sich trauen zu sagen, dass sie nicht wissen, wie sie ihre Arbeit schaffen sollen, dass sie Angst haben, sich überfordert fühlen, gestresst sind, offen über ihre mangelnde Work-Life-Balance sprechen, Probleme mit der Selbstorganisation zugeben, die Leistungen ihrer Führungskraft und die Unterstützung durch sie nicht ausreichend finden oder nicht glauben, dass sie die Umsatzziele erreichen können. Mit solchen Äußerungen malen wir uns ein dickes Fadenkreuz auf den Rücken.
Fakt ist, dass die Zahl der Abwesenheitstage aufgrund psychischer Probleme seit Anfang des Jahrtausends kontinuierlich steigt.
Laut Statista lag der Wertschöpfungsausfall durch Krankentage im Jahr 2020 bei ca. 140 Milliarden €.
Präsentismus (zur Arbeit erscheinen trotz AU) kostet 2400€ pro Jahr pro AN und Absentismus 1200€ pro AN pro Jahr (Statista).
Unglaubliche Zahlen – aber haben Unternehmen wirklich erkannt dass psychische Belastungen ein reales Problem sind und kein „new age“ buzzword?
„Bei uns im Unternehmen gibt es keine Work-Life-Balance, Punkt!“ (Teilnehmerin eines meiner Workshops in einem mittelständischen Unternehmen)
Immerhin haben Firmen verstanden, dass Krankheit Arbeitsausfall bedeutet und damit Umsatz- und Gewinnverlust.
Und wie gehen Firmen mit dem Thema Resilienz um?
Geführt hat diese Erkenntnis unter anderem zur Geburt von betrieblichem Gesundheitsmanagement. In vielen Unternehmen gibt es BGF/ BGM Beauftragte, Wohlfühlmanager, Wellnessbeauftragte, Gesundheitstage, Change Management Seminare, Arbeitskreise zum Thema, home office, von HR aufgesetzte Programme zu Cyberstres, Home Office, etc…
An vielen solcher Maßnahmen war ich in meiner Karriere beteiligt und es scheint mir, dass die meisten nur die Symptome bearbeiten, ohne sich mit den Gründen auseinanderzusetzen.
Betrachte immer die helle Seite der Dinge! Und wenn sie keine haben, dann reibe die dunkle bis sie glänzt.“ Dt. Sprichwort.“
Schätzen wir unsere eigene Situation realistisch ein?
Das Erste, was mir in meinen Workshops zum Thema auffällt ist, dass die allermeisten Arbeitenden nie wirklich stoppen und sich bewusst fragen, wie ihre Situation gerade ist und dabei schonungslos ehrlich zu sich selbst sind. Immerhin ist das ein großer Schritt und führt vielleicht zu der Erkenntnis, das eben nicht alles gut ist und wir nicht alles bravourös meistern – und wer will das schon zugeben? Und dann auch noch im Kollegium?
Symptome, welche dann zu Krankheitstagen führen treten ja oft erst auf, wenn das Problem schon eine Weile da ist, ohne dass wir es bemerkt haben
Wir fühlen den Schmerz, aber nicht die Schmerzlosigkeit;
wir fühlen die Sorge, aber nicht die Sorglosigkeit;
die Furcht, aber nicht die Sicherheit.
Arthur Schopenhauer
Habe ich andauernd lange Arbeitszeiten oder mache Überstunden?
Habe ich die Unterstützung des Teams?
Wie ist die Qualität der Führung im Unternehmen?
Wie werde ich persönlich geführt?
Schlafe ich genug?
Esse ich gesund?
Bewege ich mich genug?
Zeige ich stressbedingte Symptome?
Wie steht es um Mobbing und Diskriminierung im Unternehmen?
Habe ich unrealistische Ziele und Zeitdruck?
Ist mir meine Rolle im Unternehmen klar, sind die Anforderungen meiner Rolle klar?
Ist mein Arbeitsplatz sicher und wird er schnell unsicher, wenn meine Ergebnisse mal nicht stimmen?
Werde ich als Mensch gesehen und nicht nur als Name auf der Gehaltsliste?
Kann ich selbst bestimmt arbeiten, hat meine Arbeit Sinn oder bin ich nur „Humankapital“?
Die Frage ist aus meiner Sicht nicht, ob Ihre Firma Home-Office Arbeit erlaubt oder eine Wellnessmanagerin beschäftigt.
vielmehr geht es darum, ob Sie selbst eine gesunde Resilienz aufgebaut haben und ob Sie als Führungskraft Resilienz fördern und ob die Firma eine Kultur hat, die es erlaubt Arbeitsbedingungen zu schaffen wo Mitarbeitende sich wohlfühlen, Spaß haben und in Ihre optimale Leistungsfähigkeit kommen können.
„Es gibt nur zwei Tage im Jahr, an denen man nichts tun kann: Der eine ist gestern und der andere morgen…“ Dalai Lama
Und damit sind wir wieder beim Thema Führungskultur
In meinen Workshops geht es zunehmend um das Thema Resilienz und eingebracht wird es gerade auch von Menschen, welche mit Führungsaufgaben betraut sind. Hier gibt es viel, was wir tun können: Achtsamkeit, Selbstorganisation, Optimismus, Lösungsorientierung, Akzeptanz, Raus aus der Opferrolle, hin zur aktiven Gestaltung usw.
Hier kommen wir jedoch schnell wieder zu dem eingangs erwähnten Fadenkreuz auf dem Rücken, welches wir uns offenbar unweigerlich aufmalen, wenn wir offen über Dinge sprechen, die uns belasten oder sogar eine konstruktive Rückmeldung an unsere Mitarbeitenden, Vorgesetzten oder der Firmenkultur als Ganzes beinhalten.
Resilienz als Führungsthema
Führungskräfte sind auch hier gefragt und gefordert und oft überfordert. Sie sollen modern und auf Augenhöhe führen und fördern, Unternehmensziele erreichen und dabei noch Anzeichen von psychischer Erschöpfung erkennen und erfolgreich behandeln. Dafür fehlt Ihnen oft die Kultur hierfür im Unternehmen, das Rüstzeug und Mentoren, an die sie sich vertrauensvoll wenden können. Vorschläge auf welchen Säulen Resilienz begründet sein sollte, gibt es zuhauf, der Mut zur Umsetzung ist allenthalben das, was fehlt und was moderne Führungskräfte lernen müssen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!
Kontakt-Button
Bildnachweis: Fotos von Canva, Statistik von Stastika